Heute wurde im Bundestag über den Einsatz bewaffneter Streitkräfte zur militärischen Evakuierung aus Afghanistan entschieden. Zu meinem Abstimmungsverhalten habe ich folgende Persönliche Erklärung abgegeben:

Persönliche Erklärung zum Abstimmungsverhalten nach §31(1) GOBT

Ich habe heute für das Mandat „Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur militärischen Evakuierung aus Afghanistan“ der Koalition gestimmt, weil es sich aus meiner Sicht nicht um einen Kampfeinsatz, sondern um eine humanitäre Verpflichtung nach dem von uns immer kritisierten und aus guten Gründen nie mitgetragenen Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr handelt.

Mit diesem Einsatz werden keine geopolitischen oder wirtschaftlichen Interessen verfolgt, es findet keine Beteiligung an einem Krieg statt und es geht nicht um Aufrüstung und Militarisierung. Es geht um die Rettung von Menschenleben. Die ersten Bilder zeigen, dass die Situation vor Ort sehr schwierig ist und praktisch doch auch jenseits der formalen Priorisierungen des Auswärtigen Amtes Menschen vom Flughafen mitgenommen werden, die es bis dahin geschafft haben. Das ist natürlich immer verbesserungsfähig.

Aus meiner Sicht kann ich für diesen Evakuierungseinsatz stimmen und zugleich die grundlegende Kritik der Linken an Militarisierung und Rüstungsexporten, an Krieg als Mittel der Politik, an der Genese des Afghanistaneinsatzes und linke Anforderungen an den Umgang mit Geflüchteten in Erklärungen zum Abstimmungsverhalten deutlich machen.

Die LINKE hat seit 20 Jahren geschlossen die Bundeswehreinsätze in Afghanistan abgelehnt. Die vorgeblichen Ziele des Krieges wurden nicht erreicht und genau davor haben wir gewarnt. Es gibt derzeit keine Sicherheit und keine Demokratie in Afghanistan, Frauenrechte werden nicht gewährleistet – im Gegenteil. Die Taliban haben weite Teile des Landes unter Kontrolle, die soziale und die wirtschaftliche Situation im Land ist katastrophal und viele Menschen fürchten um ihr Leben. Eine Lehre aus diesem Krieg muss sein, dass Demokratie und gesellschaftlicher Fortschritt nicht mit militärischen Mitteln von außen aufgezwungen werden können.

Das begründet nach wie vor die ablehnende Haltung der Fraktion DIE LINKE zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr. Aber die Kritik am Krieg in Afghanistan entlässt uns nicht aus der Verantwortung, jene Menschen, die sich für Sicherheit, Demokratie, Medienfreiheit und Frauenrechte stark gemacht haben, nicht allein zu lassen. Die Linke hat den Krieg abgelehnt, aber die jetzt sich vor den Taliban fürchtenden Menschen haben unsere Solidarität. Deutschland trägt Mitverantwortung für das entstandene derzeitige Desaster, die bedrohten Menschen jetzt den Taliban zu überlassen, würde dieses Desaster fortsetzen.

Die Versäumnisse der Bundesregierung müssen aufgeklärt werden. Aber die Lage ist mittlerweile so, dass eine zivile Evakuierung der bedrohten Menschen gegenwärtig nicht möglich ist. Ich bin der Meinung, eine Luftbrücke, Aufnahmeprogramme, die direkte Aufnahme von Menschen aus Afghanistan in Deutschland, die Einrichtung sicherer Fluchtwege und ein sofortiger Abschiebestopp und Bleiberechte für Menschen aus Afghanistan sind notwendig.

Politische Entscheidungen in akuten Situationen sind manchmal schwer zu treffen, sie beruhen zudem oft auf Entscheidungen anderer Verantwortungsträger und vorangegangenen Fehlentwicklungen. Die Lage im aktuellen Fall ist so und zugleich unvergleichlich dramatischer. Aber wir müssen jetzt eine Entscheidung treffen, um möglichst viele Menschen aus Afghanistan zu retten, prinzipielle Diskussionen über die Vergangenheit helfen nicht. Weil derzeit eine rein zivile Evakuierung nicht möglich ist, habe ich in der Gesamtabwägung für eine Zustimmung zum vorliegenden Mandat entschieden.


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