Das neoliberale Mantra von Steuersenkung und globaler Deregulierung der Märkte stürzt weltweit Gesellschaften und Staaten in Kriege und Krisen. Eine davon ist die allgegenwärtige „Euro-Krise“. Sie hat drei Ebenen, die erste besteht in der Überschuldung von einzelnen Staaten wie Griechenland, Portugal, Irland, Italien, Spanien und Frankreich. Das aus den Schulden eines Staates eine Krise der gemeinsamen Währung werden kann, deutet auf die zweite Ebene hin. Die Eurozone ist falsch konstruiert.
Eine gemeinsame Währung zu haben, aber 17 verschiedene Möglichkeiten, Staatsanleihen zu kaufen, ist zum Scheitern verurteilt. Denn es ist leicht, einen Staat gegen den Anderen auszuspielen. Den Vorteil daraus ziehen nur diejenigen, die genug Geld haben, Staatsanleihen kaufen zu können, die ihre Anlagen kräftig rentieren. Die dritte Ebene wird von der Bundesregierung und der Deutschen Wirtschaft hartnäckig abgestritten, sie resultiert aus dem deutschen Exportüberschuss gegenüber den Euro-Ländern, die auf der anderen Seite Bilanzdefizite haben. Alle drei zusammen sind falsche Bausteine eines neoliberalen Denkens, das nicht in der Lage ist zu sehen, Solidarität stärkt Europa, nationalökonomischer Egoismus schwächt.
2010 exportierte Deutschland mehr Waren in die Niederlande als nach China, mehr nach Frankreich als in die Vereinigten Staaten, mehr nach Polen als nach Russland, mehr nach Spanien als nach Brasilien. Die deutschen Ausfuhren in die Europäische Union waren fast fünfmal so hoch wie die in die so genannten BRIC-Länder (Brasilien, Russland, Indien und China). Da die Eurozone aber eine Binnenwährungszone ist, sind Ausfuhren in die 17 Eurostaaten keine „Exporte“ im eigentlichen Sinne. Sie sind Binnenwährungs- und -wirtschaftsströme. Die Eurozone kann als Ganzes nur dauerhaft funktionieren, wenn die Bilanzen zwischen Ausfuhren und Einfuhren in den jeweiligen Mitgliedsstaaten ausgewogen sind.
An dieser Lösung haben weder die deutsche Wirtschaft noch die Bundesregierung ein ernsthaftes Interesse, sie wollen nur die Defizite bestrafen. Seit 2000 sind die Reallöhne in Deutschland um 4,5 % gesunken bei gleichzeitiger Erhöhung der Produktivität. Die Politik der Bundesregierungen hat mit den Hartz-IV-Gesetzen den Marktvorteil der deutschen Wirtschaft in der Eurozone ermöglicht. Dieses Modell soll nun in allen Staaten der Eurozone eingeführt werden. Es wird die Krise verschärfen und nicht lösen. Im Vergleich dazu, Finnland hat im gleichen Zeitraum einen realen Lohnzuwachs von 22 %.
Wenn die Krise drei Ebenen hat, dann brauchen wir auch in drei Ebenen Lösungsansätze für ein linkes, für ein soziales Europa. Wir erleben in Griechenland, Irland und Portugal, dass die Sparprogramme, die den Staaten auferlegt worden sind, die Krise verschärfen, weil sie zu einer Wirtschaftsrezession und zu weiteren Einnahmeausfällen für die Haushalte führen. Folge, die Defizitquoten steigen, sie sinken nicht. In der Krisenebene ist also die Überschuldung der Staaten abzubauen, damit sie ihren Handlungsspielraum erhöhen können. Allerdings ist hier zu fragen, warum die Staaten ihre Einnahmeseiten nicht so gestalten, dass sie die übernommenen Aufgaben kostendeckend finanzieren können ohne auf Kredite zurückgreifen zu müssen? Reichensteuer, wirtschaftlich solidarische und europaweit einheitliche Unternehmenssteuern, die Erhöhung des Spitzensteuersatzes und eine EU-weite Vermögensabgabe wären vernünftige Wege. Sie ersparen es den Anderen ganz nebenbei, über die Zinslast nachzudenken, die sie durch Steuerdumping und neoliberalen Egoismus anhäufen.
In der zweiten Ebene ist die Krise dadurch zu verringern, dass in der gemeinsamen Währungszone nur noch ein gemeinsamer Anleihemarkt in der Form von Eurobonds existiert. Wir fordern eine Bankenabgabe in Europa und eine europaweite Finanztransaktionssteuer zur Begrenzung der Spekulation. Außerdem fordern wir die Überführung privater Großbanken in öffentliches Eigentum sowie die Gründung einer europäischen öffentlichen Ratingagentur. Für uns ist die Einrichtung einer europäischen Bank für öffentliche Anleihen eine sinnvolle Maßnahme, um die Finanzierung der Staaten von den frei wuchernden Kapitalmarktzinsen abzukoppeln. Warum können Privatbanken bei der EZB Kredite für 1,25% Zinsen aufnehmen, Staaten, die finanzpolitisch mit dem Rücken zur Wand stehen, aber nicht? Deshalb müssen Italien und Spanien derzeit bei Privatbanken für bis zu 7% aufnehmen. Diese Regelung gefährdet den Bestand der gesamten Eurozone.
Als Lösung in der dritten Ebene will DIE LINKE die außenwirtschaftlichen Ungleichgewichte innerhalb der Eurozone balancieren. Wir wollen eine europäische Ausgleichsunion mit verbindlichen Obergrenzen für Handelsüberschüsse und -defizite einrichten. Hier wäre ein Kriterium von plus minus drei Prozent denkbar, wie es auch als erstes Maastricht-Kriterium festgeschrieben ist. Die deutschen Handelsüberschüsse wurden durch das Lohn- und Sozialdumping der rot-grünen, der schwarz-roten und nun der schwarz-gelben Regierungen gefördert.
Deshalb fordert DIE LINKE als einzige Partei im Bundestag eine Stärkung der Binnenwirtschaft in der Bundesrepublik durch einen gesetzlichen Mindestlohn von 10 Euro, die Ausweitung der öffentlichen Investitionen um 125 Mrd. Euro jährlich sowie die Anhebung der Hartz IV Regelsätze auf 500 Euro. Das ist gut für deutsche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Das ist gut für die wirtschaftliche Stabilität in der Eurozone und die Demokratie in der EU. Nur wenn Europa sozial ist, wird es dauerhaft sein.
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