In Deutschland sind so viele Menschen in Arbeitsverhältnissen wie noch nie, die Steuerkasse des Finanzministers klingelt. Der Fiskus hat im Juli deutlich mehr Steuern kassiert als im Vorjahresmonat. Bund und Länder nahmen laut Zahlen des Bundesfinanzministeriums zusammen knapp 44 Mrd. € ein – ein Plus von 1,9%. Bis Juli kamen Bund und Länder auf Steuereinnahmen von 321,4 Mrd. Euro, ein Plus von 3,2%. Darin spiegeln sich vor allem die hohe Beschäftigung und die jüngsten Tariflohnerhöhungen wider. Zudem profitiert der Staat vom stärkeren privaten Konsum, was sich zum Beispiel in höheren Einkünften durch die Mehrwertsteuer niederschlägt. Diese Seite der Medaille stellt die Bundesregierung gerne ins Licht, die andere Seite hält sie lieber im Schatten.
Griechenland geht es nicht so gut. Die Arbeitslosenquote liegt bei 27,6%, eine neue Studie sagt, die Arbeitslosenquote fällt erst in 20 Jahren unter 10%. Die Effekte der hohen Arbeitslosigkeit sind schon jetzt verheerend. Die Kaufkraft der Griechen ist auf das Niveau von vor 14 Jahren gefallen. Insgesamt haben die griechischen Arbeitnehmer wegen der harten Sparpolitik des Landes in den vergangenen vier Jahren rund 41 Mrd. € an Einkommen verloren. Auch dieses Jahr wird mit einem Schrumpfen der Wirtschaft um gut 4% gerechnet. Erstmals wird ein kleiner Haushaltsüberschuss erzielt, doch der wird alleine durch die anstehenden Zinszahlungen für die „Griechenlandhilfen“ aufgezehrt. Im August hat der Finanzminister erstmals von einem dritten Rettungspaket für Griechenland gesprochen. Auch nach Einschätzung des IWF sollten sich die Euro-Länder auf weitere Hilfen zum Abbau des riesigen Schuldenbergs in Griechenland einstellen.
Schäuble nannte die vom Internationalen Währungsfonds (IWF) genannten 11 Mrd. € „nicht unrealistisch“. Der frühere EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark und andere halten angesichts des Schuldenstands von 160% über dem Bruttoinlandsprodukt einen zweiten Schuldenschnitt für unvermeidlich. Ansonsten könne Griechenland seine hohen Verbindlichkeiten nicht tragen. Aber den Griechen bangt es vor neuer Hilfe und die Deutschen, so ist der veröffentlichte Tenor, wollen nicht mehr für die Griechen zahlen. „Wir zahlen für die Griechen,“ dieses Motto wurde oft von der Kanzlerin wiederholt. Über das gute Geschäft unter Freunden, was die Bundesregierung und die Banken damit machen, spricht sie nicht.
Die KfW-Bankengruppe verdient ordentlich an den „Rettungspaketen“. Die Bundesregierung konnte sich 2010 auf den Kapitalmärkten unter 2% Zinsen verschulden und hat das Geld an den griechischen Staat durchgereicht. Der bezahlte 2010 für die Kredite der Euro-Staaten über 5% Zinsen. Die 3% Zinsdifferenz geht an den Kreditgeber, bis 200 Millionen Euro jährlich. Solange bis Griechenland seine Staatsschulden abbezahlt hat. Die „Hilfen“ für Griechenland haben deutsche Steuerzahler nichts gekostet, sie haben sich gelohnt. Bis Ende 2011 hatte die Regierung in Athen für deutsche Kredite 380 Mill. € für Zinsen überwiesen.
Weil die Anleger einen sicheren Anlagehafen für ihr Geld brauchten, fielen die Renditen für Bundesanleihen von einem Tief auf das nächste. Durch die Flucht der Anleger aus dem Süden in die Bundesrepublik hatte sich Anfang 2012 der Zinsgewinn nach Schätzung des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft auf satte 45 Mrd. € summiert. Bei 21 von 70 Auktionen musste der Bund 2012 gar keine Zinsen zahlen und kassierte eine Prämie. Auch 2013 konnte sich die Bundesrepublik so günstig wie nie verschulden. Die durchschnittliche Emissionsrendite des Bundes lag zwischen Januar und Ende April bei lediglich 0,4%. Im Vorjahreszeitraum hatte der Durchschnitt noch 0,75% betragen. Der Finanzminister und der Bundeshaushalt haben wie kein anderes Land in der EU-Land von der Eurokrise profitiert. Der Gewinn dürfte nun bei über 60 Milliarden liegen, der angebliche Zahlmeister ist ein Krisengewinnler. Dies ist auf Dauer ein untragbarer Zustand, weil die politischen, sozialen und wirtschaftlichen Spannungen in der Euro-Zone zu groß werden. Die Ungleichgewichte werden zunehmend als deutsches Diktat interpretiert. DIE LINKE fordert einen Marshall-Plan für Südeuropa.
Wie hat der Marshall-Plan nach dem zweiten Weltkrieg funktioniert? Die Alliierten haben den Wiederaufbau Europas durch Lieferungen von Lebensmitteln, Rohstoffen und Sachgütern in Milliardenhöhe kräftig stimuliert. Dieser „äußere“ Marshallplan wurde durch einen „inneren“ ergänzt. Denn die Lieferungen waren keine Geschenke, sie mussten bezahlt werden. Dieses Geld wurde ab 1949 der neu gegründeten Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) als „Gegenwertmittel“ für Investitionen zur Verfügung gestellt. Bis Ende 1953 erhielt sie ca. 1,89 Mrd. € (3,7 Mrd. DM) zur Erstausleihung an die deutsche Wirtschaft. Das heutige Unternehmen KfW-Bankengruppe ist 2013 das fünfte Mal in Folge vom Magazin „GlobalFinance“ zur „sichersten Bank der Welt“ gekürt worden.
Die KfW, als konstruktiver Baustein des Marshall-Plans gegründet, zieht ihre Gewinne heute u.a. aus den Zinsen, die die Troika den Krisenstaaten abverlangt. Dies erinnert nicht an die Politik des Marshall-Plans der Siegermächte nach dem zweiten Weltkrieg, sondern an die Situation nach dem ersten Weltkrieg. Die Bedingungen des Friedensvertrags von Versailles werden bis heute für den Gang in die dreißiger Jahre mitverantwortlich gemacht. Der von der Bundesregierung eingeschlagene und von SPD und Grünen gestützte Weg ist sozialpolitisch und ökonomisch falsch. Er verschärft die Krise und setzt auf Polarisierung. Maßgebliche Ursache der Krise in der Euro-Zone sind die Ungleichgewichte in der Außenwirtschaft in Europa. Am Anfang jeder Krisenlösung steht: Abbau der Ungleichgewichte, steigende Löhne und sozial-ökologische Investitionsprogramme, die Nachfrage steigern, Finanzmärkte regulieren und Vermögende besteuern.
DIE LINKE fordert, die Finanzierung der öffentlichen Haushalte von den Finanzmärkten zu entkoppeln. Über eine europäische Bank für öffentliche Anleihen soll den Staaten ermöglicht werden, Geld zu den gleichen Zinsen bei der Zentralbank leihen zu können wie Banken, aktuell 0,5%. Um die Angriffe der Spekulanten zu unterbinden, sollen die Euro-Staaten gemeinsame Anleihen ausgeben. DIE LINKE und die Europäische Linke fordern eine einmalige Abgabe auf Vermögen ab einer Million Euro in allen EU-Staaten. Damit sollen die durch Bankenrettungen und Finanzkrise verursachten Staatsschulden zurückgeführt werden, nicht durch Kürzung von öffentlichen und sozialen Leistungen.
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