Anerkennung oder Nicht-Anerkennung ist der entscheidende Handlungsakt, aus dem der Status von Recht und Unrecht folgt. Das Referendum, mit dem sich die Bevölkerung der Krim am Sonntag praktisch Russland angeschlossen hat, wird von Russland anerkannt und von der Europäischen Union als illegal und nicht bindend zurückgewiesen. Damit besteht ein internationaler Streit über einen Rechtszustand, der zu einem militärischen Konflikt eskalieren kann, obwohl EU, Bundesregierung und Russland einmütig erklären, dass Krieg keine Option in der aktuellen Lage ist. Der Streit wird im Moment in einem Verfahren ausgetragen, in dem seitens der EU Reaktionen festgesetzt sind, die Außenminister Steinmeier etwas blumig als Entscheidungsstufen charakterisiert.
Aus Sicht der EU sind diese Entscheidungsstufen ein Drei-Stufen-Plan über Sanktionen, den die europäischen Staats- und Regierungschefs bei ihrem Sondergipfel vor knapp zwei Wochen beschlossen hatten. Nach der Aussetzung von Gesprächen über Visaerleichterungen und ein Partnerschaftsabkommen haben die Außenminister die zweite Stufe beschlossen, nachdem das Referendum auf der Krim durchgeführt wurde. Europäische Konten führender Politiker der Krim und Russland sind eingefroren und mehrere Personen dürfen bis auf weiteres nicht mehr in die Europäische Union einreisen. Ungeachtet aller Proteste und Sanktionen des Westens hat der russische Präsident den Vertrag über die Aufnahme der Halbinsel Krim in die Russische Föderation unterzeichnet. Die dritte Stufe in Form von Wirtschaftssanktionen ist nun vorgesehen, wenn Russland oder im Auftrag Moskaus handelnde „Selbstverteidigungs-Gruppen“ auch im Osten der Ukraine militärisch aktiv werden sollten. Angesichts der weitreichenden Folgen eine sehr weiche Formulierung.
Diese sehr verschwommene Formulierung schafft nun eine Situation, bei der gar nicht mehr zu sagen ist, ob Moskau überhaupt noch Herr des Verfahrens sein kann. Denn vermutlich sind in der Ostukraine auch eine Menge Kräfte im Spiel, die ein starkes Interesse daran haben, dass die EU die Sanktionen gegen Russland in Kraft setzt. Damit kann die Eskalationsschraube durch unspezifische Kräfte eine Windung weiter angezogen werden. Folge wäre, dass der Konflikt in und um die Ukraine noch mehr zu einem Konflikt zwischen Brüssel und Washington auf der einen Seite und Moskau auf der anderen wird. Dass die EU am Freitag zumindest den politischen Teil des Assoziierungsabkommens mit der neuen ukrainischen Regierung unterzeichnen will, die ihrerseits von Russland nicht anerkannt wird, wird nicht zur Deeskalation beitragen. Die Bundesregierung ist mit ihrem Handeln keine Vermittlerin, sondern Konfliktpartei. Auch von ihr werden grundlegende Regeln der Anerkennung verletzt und Geopolitik mit veralteten Herrschaftsmethoden betrieben. DIE LINKE hat die Bundesregierung aufgefordert, ihre genauen Sanktionsvorhaben offenzulegen, aber auch ihre Maßnahmen, wie sie den Auswirkungen auf die Wirtschaft und Finanzen des Bundes entgegenwirken will.
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