Die Verkündung der Vereinbarung zwischen Tesla und Brandenburg war ein gelungener Paukenschlag, aber es gibt auch berechtigte kritische Fragen.

E-Mobilität

Alles Tesla oder was?

 

Am 10. Juli 1856 wurde in Smiljan im heutigen Kroatien Nikola Tesla geboren, er starb im Juli 1943 in New York, USA. Tesla war ein umtriebiger Erfinder, der um die 280 Patente erhielt. Teslas Lebenswerk war der Erforschung der Elektrizität gewidmet, insbesondere wurde sein Name lange Zeit hauptsächlich mit dem Zweiphasenwechselstrom in Verbindung gebracht. Das hat sich erst in jüngster Zeit durch den Unternehmer Elon Musk geändert, heute ist ein Tesla in erster Linie ein Auto mit Elektroantrieb.

Die Verkündung

Mitte November des vergangenen Jahres hat der alte und neue Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) bekannt gegeben, dass es zwischen dem Land Brandenburg und dem US-Technologiekonzern Tesla zu einer grundlegenden Einigung über eine Ansiedlung einer Gigafabrik in der Nähe von Grünheide (Landkreis Oder-Spree) gekommen ist. Es wäre Teslas vierte Gigafabrik nach Nevada (USA), Buffalo (USA) und Shanghai (China). In Brandenburg sollen unterschiedliche Elektroautos der Marke Tesla hergestellt werden. Woidke bedankte sich ausdrücklich bei dem Wirtschaftsminister Steinbach und der Wirtschaftsförderung Berlin-Brandenburg für ihre geräuschlose Arbeit.

Seitdem überschlagen sich die Nachrichten und es gibt eine hohe Entwicklungsdynamik, zumal die Diskussion über Elektromobilität in Deutschland gerade wegen dem Klimawandel intensiv geführt wird. In dieser Woche soll der Kaufvertrag über ein ca. 300 Hektar großes Grundstück in der Nähe von Erkner zwischen dem Land Brandenburg und dem US-Technologiekonzern Tesla unterschrieben werden. Als Kaufpreis werden zurzeit in etwa 41 Millionen Euro genannt. Ein  Hektar entspricht 10.000 Quadratmeter. Insgesamt geht es also um ein Areal von 3 Millionen Quadratmetern. Das entspricht einem ungewöhnlich niedrigen Quadratmeterpreis von ca. 13,67 Euro.

Nach der anfänglichen großen Freude über die Ansiedlung in Brandenburg tritt nun die Arbeitsphase ein. In dieser wird das Vorhaben naturgemäß auch vollständig kritisch durchleuchtet. So wurde unter anderem von der Linken im Landtag Brandenburg moniert, dass nur ein paar Kilometer weiter im angrenzenden Gewerbegebiet Freienbrink der Quadratmeterpreis bei 40 Euro liegt. Allerdings sei hier die Fläche auch schon erschlossen, wurde der Kritik begegnet. Rechnet man die Zahlen dennoch, beliefe sich der Preis für 300 Hektar in Freienbrink aus dieser Sicht auf 120 Millionen Euro und nicht 41 Millionen Euro.

Die Fragen

Die anvisierte Fläche in Grünheide liegt in der Nähe der Autobahn A10. Nach aktuellen Informationen wird sie im Moment auf verbliebene Munition und Bomben aus dem zweiten Weltkrieg untersucht. Das geplante Werk soll bis Sommer 2021 mit der Produktion beginnen. In der Planung sollen nach momentanen Angaben jährlich bis zu 500.000 Automobile der Modelle Tesla 3 (Kaufpreis ca. 44.000 Euro) und Tesla Y (ca. 57.000 Euro) gebaut werden. Nach dem Gehaltsatlas 2018 verdient ein durchschnittlicher Haushalt in Brandenburg 33.528 Euro pro Jahr.

Bei einer gerundeten Anzahl von gut 250 Werktagen im Jahr entspricht dies einer Tagesproduktion von ca. 2.000 Fahrzeugen, für die die benötigten Materialien angefahren und die fertigen Fahrzeuge abtransportiert werden müssten. Hinzu kommt der Verkehr, der durch die Arbeitskräfte entsteht. Zunächst wurde über 4.000 neue Arbeitsplätze gesprochen, nun sind noch über 3.000 neue Arbeitsplätze im Gespräch. Im ersten Produktionsabschnitt sollen zunächst nur 152 Hektar Fläche verwendet werden und nach Auskunft des Verkehrsministeriums ist die vorhandene Infrastruktur sehr wohl in der Lage, den aufkommenden Verkehr aufzunehmen.

Des Weiteren wird moniert, dass die rund 8.700 Bewohner*innen von Grünheide in der Entscheidungsfindung völlig übergangen worden sind. In den nachträglichen Informationsveranstaltungen und Gesprächen wurde ein hohes Informationsbedürfnis sichtbar. Nun hat Tesla reagiert und nach der Kritik durch den Wirtschaftsminister in Grünheide ein Bürgerbüro eröffnet, das an zwei Tagen in der Woche jeweils für zwei Stunden geöffnet sein soll.

Der ländliche Charakter der Gegend würde durch die Ansiedlung einer solchen Gigafabrik vollständig verändert, so heißt eine Kritik. Auch wird kritisiert, dass auf dem Grundstück 70 Hektar Wald gerodet werden müssen, um es zu erschließen. Als Kompensation für die Waldfläche schreibt ein Gesetz vor, dass die dreifache Menge an anderer Stelle angepflanzt werden muss. Aber die 70 Hektar Wald bei Grünheide binden auch Wasser in der oberen Erdschicht, eine Ersatzpflanzung wird dies nach der Rodung nicht dort halten. Die Ersatzfläche entspricht einer Fläche von 210 Hektar oder 2.100.000 Quadratmetern. Zum Vergleich, ein Standardfußballfeld (110 m mal 68 m) umfasst 7.140 Quadratmeter, 210 Hektar entsprechen in etwa einer Fläche von 294 Fußballfeldern. Wenn pro zwei Quadratmetern ein Baum gepflanzt würde, wären das 1.050.000 Bäume, bei vier Quadratmetern immer noch über eine halbe Million.

Die Geheimhaltung

Brandenburgische Umweltverbände haben gefragt, welche Fläche oder Flächen für die Ersatzpflanzungen im Gespräch sind. Auch ist die Frage nach dem Artenschutz auf dem Gebiet erhoben. Reptilien, Baumfalken und Fledermäuse werden als bedroht angesehen. Die Auswirkungen auf das in der unmittelbaren Nachbarschaft beginnende Naturschutzgebiet Löcknitztal werden hinterfragt. Aber die Hauptdiskussion entfaltet sich gerade an der Frage des Wasserbedarfs- und Wasserschutzes in der Gegend. In der Region Erkner werden ca. 70.000 Menschen mit den Brunnen versorgt.

Mit den trockenen Sommern der vergangenen beiden Jahre war die Wasserversorgung am Rande der Auslastbarkeit angekommen. Das Wässern von Gärten in der Region war teilweise verboten wegen Knappheit. Anwohnerinnen und Anwohner fürchten um ein weiteres Absinken des Grundwasserspiegels und um die Auswirkungen auf die Wasserqualität durch die Tesla-Ansiedlung. Wenn die zweite Ausbaustufe kommt, mit der die verbliebenen 148 Hektar in Betrieb genommen werden sollen, will Tesla Tiefbrunnen bohren. Dem Bekunden nach laufen hierfür die geologischen Gutachten bereits.

Da nicht nur die Karossen, sondern auch die Batterien in der Tesla Gigafactory bei Grünheide produziert werden sollen, ist tatsächlich zu fragen, wie groß der Wasserbedarf einer Autofabrik in dieser Größenordnung ist, wie die ökologischen Qualitätsstandards eingehalten werden sollen und ob es rein quantitativ möglich ist, die Bevölkerung im Raum Erkner und die neue Fabrik ausreichend zu versorgen, ohne die Qualität zu gefährden. Der Wasserverband Strausberg-Erkner hat mit der Taskforce hierzu bereits Gespräche geführt, der Vorsteher Henner Haferkorn musste aber eine Geheimhaltungserklärung unterzeichnen. Ich fordere den Wasserverband Strausberg-Erkner auf, im Zusammenhang mit der Gigafactory eine Studie zur Wassersicherheit zu erstellen und zu veröffentlichen.