In dieser Woche hat Ursula von der Leyen das Personaltableau für die neue EU-Kommission vorgestellt.
Neue EU-Kommission vorgestellt
Intensives Feilschen
Mitte Juli war die Überraschung groß, als in dem Personalpaket zur Besetzung der Europäischen Spitzenpositionen nach den EU-Wahlen vom 23.-26. Mai erstmals in der Geschichte zwei Frauen vorgestellt wurden. Ursula von der Leyen, vormalige deutsche Verteidigungsministerin, wurde zur Präsidentin der Europäischen Kommission vorgeschlagen und trotz teils starker Proteste gegen den Verstoß gegen das vereinbarte Spitzenkandidatensystem der europäischen Parteienfamilien, aber auch aus inhaltlicher Kritik an ihrer schwachen Bilanz als bundesdeutsche Verteidigungsministerin gewählt.
Die französische Christine Lagarde, vormals IWF-Präsidentin und qua Amt in die EU-Troika-Verhandlungrn während der Euro-Krise eingebunden, für die Nachfolge von EZB-Präsident Mario Draghi. Lagarde hat gleich deutlich gemacht, der währungspolitischen Linie des scheidenden Präsidenten zu folgen, der nach der dieswöchigen Sitzung des EZB-Rates den Minuszins weiter angehoben und die Neuauflage von Anleihekäufen von Staatsschulden der Euro-Mitgliedsstaaten durch die EZB angekündigt hat. Lagarde steht in der Kritik, weil sie keine ausgebildete Bankerin ist, wodurch die Gefahr der weiteren Einschränkung der nominellen Unabhängigkeit der EZB skizziert wird, weil in ihre Entscheidungen zunehmend politische und nicht währungsbedingte Faktoren einfließen könnten.
In dieser Woche hat auch Ursula von der Leyen das Personaltableau für die neue EU-Kommission, die am 1. November ihr Amt antritt vorgestellt. Obwohl das Vorschlagsrecht bei den EU-Mitgliedsstaaten und somit letztlich bei deren Regierungen liegt, hatte von der Leyen dazu angehalten, jeweils eine Frau und einen Mann zu benennen. Dem waren zunächst lediglich zwei Staaten gefolgt. Hinter den Kulissen hat also ein intensives, für von der Leyen nicht erfolgloses Feilschen gerade auch mit den Viségrad-Staaten stattgefunden.
In ihrem jetzt vorgestellten Vorschlag hat sie fast eine Geschlechterparität erreicht, 13 Frauen und 14 Männernamen stehen auf der Liste. Das United Kingdom unter Regierung von Boris Johnson hat es bisher abgelehnt, einen Kandidaten oder eine Kandidatin zu benennen, da das UK am 31. Oktober, also am letzten Amtstag der jetzigen EU-Kommission unter Vorsitz von Jean-Claude Juncker verlassen will. Wir werden sehen, ob noch eine Nominierung erfolgt. Von der Leyen schlägt drei Vizepräsidenten vor, Margarethe Vestager und Frans Timmermanns waren beide Konkurrentinnen in dem Verfahren um die Neubesetzung der Präsidentin. Mit dem Letten Valdis Dombrowski rückt erstmals ein Osteuropäer auf diesen Posten.
Der Spanier Josep Borrell wird der Nachfolger von der jetzigen Hohen Vertreterin für Auswärtige Politik, Frederica Mogherini, dem dann auch der Europäische Auswärtige Dienst untersteht. Die anderen Kandidatinnen und Kandidaten müssen sich in den kommenden Wochen einem intensiven Anhörungsverfahren vor dem Europäischen Parlament und den fachlich zuständigen Ausschüssen stellen. Das EP muss der Ernennung der Kommission abschließend im Oktober zustimmen.
Erfahrungsgemäß wird dies ein intensiver kritischer Prozess, in dem es auch noch zu Auswechslungen kommen kann. Besonders in der Aufmerksamkeit stehen dieses Mal die politischen Felder der Rechtsstaatlichkeit angesichts der laufenden Verfahren gegen Polen und Ungarn und das Feld der Migrations- und Grenzpolitik. Die Koordination und den Aufbau einer europäischen Militärstruktur wird von der Leyen vermutlich zu ihrem eigenen Schwerpunkt machen. Bestätigt das neue EP die Vorschläge von der Leyen nicht fristgerecht, bleiben Juncker und seine Truppe bis zum Abschluss des Verfahrens im Amt.
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