Die Hoffnung auf eine neue transatlantische Agenda für globale Zusammenarbeit ist mit dem Anspruch auf eine Symmetrisierung zwischen der EU und den USA verbunden.

Besuch in Berlin

Neuer US-Präsident – Neues TTIP?

 

In dieser Sitzungswoche stand die gemeinsame Mitteilung der Europäischen Kommission und des Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik an das Europäische Parlament, den Europäischen Rat und den Rat auf der Tagesordnung des Auschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union.

Der 14-seitige Text ist vom 2. Dezember 2020 datiert und trägt den Titel: „Eine neue EU-US-Agenda für den globalen Wandel“ [Join (2020) 22 final]. Ziel der Mitteilung ist die Ansprache der neuen US-Administration unter dem 46. US-Präsidenten Joe Biden, der am 20. Januar 2021 offiziell vereidigt wurde. Nach den vier desaströsen Jahren der Amtszeit von Donald J. Trump wird in der Mitteilung eine große Hoffnung in die Erneuerung und Stärkung der transatlantischen Beziehungen zum Ausdruck gebracht. Die EU hat berechtigten Grund dazu, weil Joe Biden Vizepräsident in der Amtszeit von Barack Obama (2009-2017) war.

Dabei wird Eingangs betont, dass es nicht um nostalgische Wiederherstellung der alten Verhältnisse aus der Zeit des Marshallplans geht, sondern um eine neue Justierung zwischen der Europäischen Union und den USA, auch im Rahmen der NATO. Die Hoffnung auf eine neue transatlantische Agenda für globale Zusammenarbeit ist mit dem Anspruch auf eine Symmetrisierung zwischen der Europäischen Union und den USA verbunden, um strategische Prioritäten und eine globale Führungsrolle einzunehmen. „Die USA und die EU haben sich verändert, ebenso wie die Machtdynamik und die geopolitischen und technologischen Realitäten.“

Als Themenfelder stehen dort die Bekämpfung von Covid-19 und die Entwicklung eines gemeinsamen Pandemie-Handbuchs für Vorsorge und Reaktion zu entwickeln, Bereitschaftspläne, Krisenprotokolle und für die Abwehr notwendige Ressourcen sollen angeglichen werden. Die Stärkung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und ihre größere Unabhängigkeit wird vorgeschlagen. Ein weiteres Feld ist der Klimawandel und der Kampf gegen den Verlust von biologischer Vielfalt, für den die Volkswirtschaften auf beidrn Seiten des Atlantiks umgebaut werden sollen. Emmissionsneutralität bis 2050 wird vorgeschlagen. Auch wird eine Führungsrolle auf dem Weg zu einer „grünen, kreislauforientierten, wettbewerbsfähigen und integrativen Wirtschaft“ eingefordert.

Das anstehende CO2-Grenzausgleichssystem der EU soll zu einer globalen Vorlage ausgearbeitet werden. Eine transatlantische Agenda für grünen Handel wird vorgeschlagen, eine Allianz für grüne Technologie und die gemeinsame Ausarbeitung eines globalen Regulierungsrahmens für ein nachhaltiges Finanzwesen, die auf die Erfahrung der EU-Taxonomie aufbaut.

Ebenso soll die Frage einer gemeinsamen Technologie-Governance erörtert werden und Gespräche über die Entwicklung von 6G Standard aufgenommen werden. Die EU schlägt in dem Papier vor, „mit der Arbeit an einem transatlantischen KI-Abkommen zu beginnen“, um ein Konzept für regionale und globale Normen zu erstellen. Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der Governance von Daten sollen geprüft werden.

Der nächste Abschnitt freilich liest sich wie eine Wiedervorlage des gemeinsamen Regulierungs- und Normungsgremium, das mit der Ausarbeitung zum EU-US-Freihandelsabkommen TTIP berechtigterwrise in der Kritik stand. Es sollte ein eigenständiges Gremium etabliert werden, das sämtlicher Kontrolle sowohl in der Besetzung wie in der Amtsführung und Entscheidung entzogen ist und dennoch für die EU und die USA verbindliche Standards setzen sollte.

Im nächsten Abschnitt wird dann auch für eine Stärkung des offenen und fairen Handels geworben. Auch dort soll die Zusammenarbeit in der Regulierung und Normung vertieft werden. Die EU schlägt vor, einen EU-US-Handels- und Regulierungsrat (Trade and Technology Council – TTC) zur Unterstützung und Erleichterung des Handels, zur Entwicklung kompatibler Normen und zur Förderung von Innovation einzurichten.

Spätestens hier kommt die Idee auf, dass in der Mitteilung, die bei aller möglichen Kritik im Einzelnen viele sinnvolle und notwendige Punkte anspricht, auch zumindest Teile des gescheiterten Vorstoßes zu einem EU-US-Freihandels- und Investitionsabkommen, dem Transatlantic Trade and Investment Protocol (TTIP), integriert und unter vielerlei aktuell modernen grünen Maßnahmen versteckt, wiederbelebt werden sollen. Hier wird Die Linke im Bundestag sicher genauer hinschauen und im Detail nachfragen.

Im ersten Halbjahr 2021 soll „diese ehrgeizige und konkrete Agenda“ bei einem EU-US-Gipfeltreffen auf den Weg gebracht werden. Die Bundeskanzlerin hat schon mit Biden telefoniert und ihn zu einem Besuch in Berlin eingeladen.