Am Donnerstag, den 7. Mai haben die Briten ein neues Unterhaus gewählt. Hauptaufgaben des Parlaments sind die Wahl des Premierministers und Kontrolle der Regierung. Aus Sicht Deutschlands ist es ungewöhnlich, an einem Donnerstag zu wählen. Die Klatschpresse sagt, dies sei so, weil es früher im Königreich am Freitag die Lohntüte gab. Der wahlberechtigte Arbeiter war also in der Regel am Donnerstag aus Geldmangel nüchtern. Bis 2010 haben entweder Tory oder Labour regiert, danach erstmals eine konservativ-liberale Koalition. Seit dieser Wahl sitzen so viel unterschiedliche Gruppen im Parlament wie nie, darunter eine explizit schottische, eine walisische und eine nordirische. United Kingdom entwickelt Fliehkräfte wie die EU.

Im Unterhaus hat Nordirland 18, Wales 40, Schottland 59 und England 533 Sitze, eine Regierungsmehrheit benötigt also mindestens 326 Mandate. Die Torys haben entgegen dem prognostizierten Kopf-an-Kopf Rennen 4,9% mehr als Labour bekommen und Ed Miliband hat den Sieg Camerons anerkannt. Die Konservativen haben im Vergleich zu 2010 0,9% gewonnen, Labour 1,4%. Aber das britische Mehrheitswahlrecht kennt nur Direktmandate und so sind die Prozente nicht sehr aussagekräftig für die reale Zusammensetzung des Parlaments. Wer den Wahlkreis gewinnt, zieht das Mandat. Beim Auszählstand von 649 der 650 Mandate sieht das Ergebnis so aus:

Die Konservativen haben 330 Mandate (+24) gewonnen, Labour nur noch 232 (-26). Abgestürzt sind die mitregierenden Nationalliberalen, sie haben nur noch 8 Mandate (-49!), ein Minus von 85%. Die schottische Nationalpartei (SNP) hat ein eher linkes, aber streng schottisches Profil und nach dem verlorenen Austrittsreferendum 2013 starken Zulauf bekommen. Sie haben mit Nicola Sturgeon nun 56 der 59 schottischen Mandate (+50!) erringen können, kommen insgesamt aber nur auf 4,6%. Dies ging zu Lasten der Ergebnisse von Labour. Die nordirische Democratic Unionist Party kommt auf 8 Mandate, die walisische Plaid Cymru auf vier, die Grünen bei 1 Million Stimmen auf zwei Mandate (-3). Die Debatte über das Verhältniswahlrecht wird stärker werden.

Seitdem die United Kingdom Independent Party (UKIP) bei der letzten EP-Wahl mit 28% stärkste Kraft wurde, stand sie oft im Fokus der Berichterstattung, hat aber trotz ca. 3,5 Millionen Stimmen (12,8%) nur 1 Mandat errungen. UKIP hatte einen Wahlkampf auf dem Rücken von osteuropäischen Einwandernden gemacht. Die irische Sinn Fein hat vier Mandate gewonnen, wird sie aber wohl wie immer nicht annehmen, weil sie dann auf die britische Königin einen Treueeid ablegen müsste. Cameron will die Briten nun wie versprochen über die EU-Mitgliedschaft abstimmen lassen und hat ein wirkungskräftiges Instrument, um die EU-Verträge neu zu verhandeln. Dies zu einer Zeit, wo 2017 in Frankreich und Deutschland Wahlen anstehen. Vermutlich deshalb wurde von Cameron im Vorwahlkampf die Vorankündigung des Referendums über den Verbleib in der EU auf 2017 gelegt. Bei Thatcher hieß es „I want my money back“. Bei Cameron wird es nun heißen „I want my rights back“.

Auch ob die Schotten erneut ein Referendum über ihre Unabhängigkeit durchführen ist nun wieder eine offene Frage. Klar ist nur, der Dudelsack hat kräftig und laut geblasen. Innerhalb von einer Stunde sind drei Parteivorsitzende zurückgetreten, Ed Miliband bei Labour, Nick Clegg bei den Nationalliberalen und Nigel Farage bei UKIP.