Am Montag wurde im Bundestag auf Betreiben unserer Fraktion eine öffentliche Anhörung über das geplante Freihandelsabkommen (Comprehensive Economic and Trade Agreement) CETA zwischen der EU und Kanada durchgeführt. Anlass für den Beschluss der Anhörung war ein Antrag unserer Fraktion (Drs. 18/2604), mit dem wir den Bundestag auffordern, den mittlerweile ausgehandelten und veröffentlichten Vertragstext über das Freihandelsabkommen als nicht annehmbar zurückzuweisen. Der Vertragstext widerspricht den wiederholten Erklärungen des ehemaligen EU-Handelskommissars de Gucht, dass europäische Sozial-, Umwelt-, Arbeitsrecht- und Verbraucherschutzstandards vollumfänglich gewahrt werden sollen. Im Vertragstext ist eine Fülle von weit reichenden Liberalisierungsgeboten eingeflochten, die diese Standards gefährden oder aufgrund dehnbarer Bestimmungen offen in Frage stellen.

Der CETA-Vertragstext enthält umfangreiche einseitige Klagerechte von Unternehmen gegen die Vertragsstaaten. Die Verankerung der so genannten UNCITRAL-Transparenzregeln im CETA-Investorenschutzkapitel entkräftet die Kritik an der Form und der Notwendigkeit von Investor-Staat-Schiedsverfahren (ISDS) nicht. Den Schiedsgerichten wird das Recht zugestanden, „vertrauliche und geschützte Informationen“ zu definieren, die nicht dem Transparenzgebot unterliegen (Consolidated CETA Text S. 174). Der CETA-Vertragstext schreibt die Praxis fest, „drei Schiedsrichter“ (S. 472-478), die aus privaten und an reger Klagetätigkeit interessierten Großkanzleien stammen, über die Klagen ohne Berufungsmöglichkeit entscheiden zu lassen (S. 177). Angesichts der Erfahrung mit den bekannt gewordenen ISDS-Klagefällen, bei denen vielfach groteske, grundsätzlich nicht anfechtbare Urteile gesprochen wurden, kann davon ausgegangen werden, dass international tätige Unternehmen auch die Vertragsbestimmungen in CETA für milliardenschwere Klagen nutzen werden.

In der Anhörung wurde sogar bei den von CDU/CSU bestellten Gutachtern deutlich, wie weit ihre Skepsis gegen diesen Teil von CETA geht. Wenn die ISDS-Bestimmungen, wie sie jetzt im CETA-Text formuliert sind, in Kraft treten, führt das zu einer weitreichenden Aushöhlung von nationaler Rechtssouveränität. Die Besorgnis, die Schiedsgerichte könnten zu Gunsten von Investoren voreingenommen sein, konnte nicht zerstreut werden. Und nicht einmal ein Ansteigen von Investitionen nach dem Abschluss solcher Schutzklauseln ist empirisch nachweisbar. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag hält Investitionsschutz zwischen Ländern mit entwickelten Rechtssystemen für nicht zwingend. Der Verfasser einer vom Wirtschaftsministerium in Auftrag gegebenen Studie sah die Investitionsschutzklauseln in rosigem Licht. Stephan Schill vom Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht sieht kanadischen Investoren durch CETA einen Status eingeräumt, der dem Schutz inländischer Investoren aus den Grundrechten oder dem Schutz von EU-Investoren aus den unionsrechtlichen Grundfreiheiten und Grundrechten bei Marktzugang und Bestandsschutz entspricht. Laut Lobbycontrol steht sein Name auf der internationalen Warteliste für Schlichter bei Konzernklagen. Keine weiteren Fragen.

CETA ist dem Inhalt nach ein gemischtes Abkommen. Das heißt, es muss in allen beteiligten Staaten ratifiziert werden, in Kanada und sämtlichen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. DIE LINKE im Bundestag tritt dafür ein, dass das Abkommen ein Text bleibt und keine Rechtsgültigkeit bekommt.