Die in Moskau ansässige First Czech Russian Bank (FCRB) hat dem rechtsextremen Front National bereits im September einen Kredit in Höhe von 9 Millionen Euro gewährt, dies hat FN-Chefin Marie le Pen Anfang der Woche in Paris bestätigt. Doch inzwischen ist von einer Summe in Höhe von 40 Millionen die Rede. Die First Czech Russian Bank gehört Roman Popov, er war Finanzchef von Stroytransgas, auch Gennadij Timtschenko ist beteiligt. Beide gelten als Vertraute von Putin. In der politischen Praxis hat der FN die politische Rhetorik verschärft und eine deutliche Position im Ukraine-Konflikt bezogen: Brüssel sei alleine schuld. Außerdem pocht sie auf die Auslieferung von zwei Kriegsschiffen an Moskau, die derzeit auf Grund der Sanktionen der EU gegen Russland in der Warteschleife rosten. Bei den nächsten Präsidentschaftswahlen in 2017 will Marie le Pen das schaffen, was ihrem Vater verwehrt blieb, dafür hat sie dessen offenen Antisemitismus kosmetisch verpackt und den Front auch bei den Nationalkonservativen wahlfähig gemacht, im Moment steht sie bei 30% in den Umfragewerten.
Dies ist vor dem Hintergrund des bisherigen Verlaufs der Ukraine-Krise eine interessante Entwicklung, die exemplarisch die Methodik der revolutionären Infiltration neu interpretiert. In der Ukraine hatte die Aussetzung des Assoziierungsabkommens durch Wiktor Janukowytsch proeuropäische Massenproteste ausgelöst, „bei denen die langjährigen politischen Partner der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS), die Vaterlandspartei der zu diesem Zeitpunkt noch inhaftierten ehemaligen Ministerpräsidentin Julia Timoschenko und die Ukrainische demokratische Allianz für Reformen (UDAR) Vitali Klitschkos, eine führende Rolle übernahmen. Mit diesen Partnern hat die Stiftung im Jahr 2013 Dialog und Kooperation weiter vertieft.“1 So steht es in ihrem Jahresbericht. Übersetzt, die materielle und ideelle Unterstützung der KAS hat die Bewegung auf dem Maidan unterstützt, die im Ergebnis in Kiew zu einem Regierungswechsel unter Einschluss von Faschist_innen und zur aktuellen Assoziierung der Ukraine an die EU führte.
Im 20. Jahrhundert war militärische Eskalation und Intervention die gängige Methode expansiver Außenpolitik, diese ist heute weitgehend durch den innenpolitisch durchgeführten Regierungswechsel ersetzt. In der Ukraine 2014, auch schon 2004 bei der orangenen Revolution, kann dieses Vorgehen exemplarisch studiert werden. Es ist jedoch nicht neu, sondern hat historische Vorläufer. Zum Beispiel in der Form der revolutionären Infiltration, wie sie durch das Deutsche Reich am Ende des ersten Weltkriegs praktiziert wurde. Wilhelm II. gewährte Wladimir Iljitsch Lenin in einem versiegelten Zug, der zu exterritorialem Gebiet erklärt worden war, die Fahrt durch das Deutsche Reich. Außerdem transferierte die damalige deutsche Regierung bis zu 60 Millionen Goldmark für Waffen und den Aufbau der Prawda. Ohne diese Unterstützung in der Erlangung der Verfügungsgewalt über Informationsmittel und Waffenhoheit hätte die goldene Oktoberrevolution von 1917 keinen Erfolg gehabt, ohne die deutsche Hilfe hätten sich die Bolschewiki kein Jahr an der Macht gehalten. Als Lohn für die materielle und ideelle Hilfe erntete Wilhelm II. den »Diktatfrieden« von Brest-Litowsk.
Am vergangenen Wochenende hat Sergei Lawrow dem Westen vorgeworfen, mit den derzeit verhängten Sanktionen einen Regierungswechsel herbeiführen zu wollen. Dies ist die bisher schärfste sprachliche Zuspitzung im Konflikt zwischen Russland und dem Westen. Denn es ist ein Unterschied, ob dies wie schon seit längerem in Verschwörungsblogs gepostet wird, oder ob der russische Außenminister dies offiziell als politische Position Russlands ausgibt. So wird der Konflikt zwischen dem Westen, den USA und der EU und Russland eine weitere Schraubenwindung in Richtung Entzweiung gedreht.
Die innenpolitische Situation der Europäischen Union ist in Moskau bekannt, die Finanzierung des FN kann als eine russische strategische Entgegnung gelesen werden. Die Fortdauer der Wirtschafts- und Finanzkrise und deren Transformation in eine politische Krise der EU haben zu einer innereuropäischen Destabilisierung geführt, die durch pronationalistische Kräfte in den zentralen Staaten der EU vorangetrieben wird. Sei es die UKIP in London, die einen Austritt Großbritanniens aus der EU fordert, der Front National in Paris, der eine Wiedereinführung des Franc fordert oder die AfD in Berlin, die den Austritt aus dem Euro fordert und die Finanzkraft ihrer Partei über den Verkauf von Goldmark stärkt. Eine großzügige finanzielle Förderung von nationalistischen Kräfte führt im Erfolgsfall zu einer viel weiterreichenden Konsequenz als einem Regimewechsel in Brüssel.
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