Viktor Orban ist bei der Parlamentswahl in Ungarn erneut zum Ministerpräsident gewählt worden. Nach Auszählung von 99% der abgegebenen Stimmen kam seine nationalkonservative Partei Fidesz auf knapp 45%. Das sind bei einer geringeren Wahlbeteiligung als 2010 gut 8% oder ca. 800.000 Stimmen weniger, doch das Resultat lässt in seiner Deutlichkeit keinen Zweifel daran, dass die Mehrheit der Ungarn den Ministerpräsidenten und seine nationalchauvinistische Politik bestätigt hat. Viel Zustimmung hat sich Orban mit politischen Maßnahmen wie Sondersteuern für Banken und Investoren erkauft, er hat große Teile des Energiesektors verstaatlicht und ausländische Unternehmen aus dem Markt gedrängt. Ausländische Grundbesitzer wurden zum Verkauf genötigt, nur Ungarn sollen in Ungarn Ackerland kaufen dürfen. Mit dem „Ungarischen Arbeitsplan“ wurde ein Gesetz verabschiedet, durch das Arbeitslose nach 90 Tagen zur Arbeit gezwungen und in Lagern untergebracht werden können.

Die Regierungspartei gewann nach vorläufigem Ergebnis 96 der 106 Direktmandate und dürfte die Zweidrittelmehrheit von 133 Sitzen erreichen, mit der sie erneut Verfassungsänderungen beschließen kann. Diese Mehrheit ist das Ergebnis der Wahlrechtsänderung, die Fidesz selbst verabschiedet hat. Sie führt dazu, dass man in Ungarn mit deutlich unter der Hälfte der Stimmen eine verfassungsändernde Zweidrittelmehrheit bekommen kann. Mit dem alten Wahlrecht wäre das nicht möglich gewesen. Aber Orban konnte mit seiner Politik den ungarischen Rechtstrend nicht aufhalten, von den ca. 800.000 Stimmen ist der Großteil noch weiter nach rechts gewandert. Die rechtsextreme Jobbik (auf deutsch: Die Besseren) ist die einzige Parlamentspartei, die am Wahlsonntag zugewonnen hat. Mit einem Plus von 4% hat Jobbik nun 20,5% erzielt, über ein Fünftel der Stimmen. Im Parlament wird die Partei aufgrund des Mehrheitswahlrechts aber nur 23 Sitze bekommen.

Der Zuspruch zu Jobbik ist gerade unter jungen Wähler_innen signifikant. Die Partei hat eine junge Führungsriege, die bislang keine politische Verantwortung in Ungarn hatte. Die Quote der Arbeitslosen unter 25 Jahre lag im November 2013 bei 24,6%. Wenn die Jugendlichen nicht auswandern, erhoffen sie sich eine bessere Zukunft vom radikalen Wandel. In ihrer Wahlkampagne hat Jobbik unterstrichen, sich für Arbeits- und Studienplätze einsetzen zu wollen. Damit gibt es im Vergleich zu 2010 eine deutliche Verschiebung in der Kampagne. 2010 plakatierte Jobbik noch erheblich verbalradikaler, Ungarn sei nicht zu verkaufen. Der ungarische Arbeitsplan greift auf einen Vorschlag von Jobbik zurück. Über den Wechsel der Tonlage äußert sich der Parteivorsitzende Gabor Vona:

„Im September des Vorjahres verkündete ich einen Stilwandel. Ich kam zur Einsicht, dass unser Programm zwar sehr gut ist, es aber nicht entsprechend kommuniziert wurde. Das war nicht zuletzt auf die feindselige Haltung der Medien zurückzuführen, doch machten auch wir häufig Fehler. Unsere Leidenschaftlichkeit und Unmutsbekundungen führten oft zu Stilfehlern. Ich bat meine Parteifreunde, darauf zu achten, den Menschen unsere Politik so differenziert wie nur möglich zu erklären, bei gleichbleibendem Inhalt natürlich.“1 Ein weiterer Grund für den Erfolg von Jobbik bei jungen Wählern wird in der antielitären Haltung gesehen. Außerdem haben sie eine professionelle Online-Präsentation aufgelegt, was zunächst aus der Not heraus geboren war, weil sie als faschistoide Partei auf Ausgrenzung gestoßen war. Im Internet konnte Jobbik ein subkulturelles, rechtsextremes Milieu ansprechen und zur Wahl motivieren.

Vona hat vor den Wahlen zum Europaparlament noch einmal zu gemäßigter Rhetorik aufgerufen und will bei der EP-Wahl stärkste nationalradikale Partei in der EU werden. Seit einem Gerichtsurteil darf Jobbik als neonazistisch charakterisiert werden. Denn ungeachtet des Tonwechsels kämpft Jobbik „gegen die Zigeunerkriminalität“, träumt von dem Wiederauferstehen „Großungarns“, ruft nach der Todesstrafe und warnt „vor der jüdischen Weltverschwörung“. Diese Positionen gehen selbst anderen Rechts-Außen Parteien in der EU zu weit, so wollen z.B. Heinz Strache, FPÖ-Chef, Front-National-Chefin Marine Le Pen oder der Niederländer Geert Wilders (Partei für die Freiheit) nicht offiziell mit Jobbik in Verbindung gebracht werden. Für die Nationalwahl 2018 hat Vona ein festes Ziel im Auge: Die legale „Machtergreifung“.

Quellen:

1 http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/1584063/JobbikChef_Wir-sind-ein-dekadenter-Kontinent