Aktuelle Berichte aus Ungarn beschäftigen sich zumeist mit der Farbe Rot. Rücksichtslose Kapitalinteressen und mangelnde Kontrolle haben am 04. Oktober zum größten Chemieunfall in der Geschichte des Landes geführt und den Konflikt zwischen Ökonomie und Ökologie erneut deutlich gemacht. Auf einer Fläche von fast 40 Quadratkilometern färbte der hochgiftige Schlamm die Umwelt in tiefes Rot.

Dominiert wird das politische Ungarn aber von einer anderen ganz Farbe. Nämlich Orange. Die schmückt das Symbol der Partei „Bund Junger Demokraten“ (Fidesz), welche das Land seit den Parlamentswahlen im April 2010 regiert. Auch bei den Kommunalwahlen vom 3. Oktober konnte Fidesz dieses Ergebnis bestätigen. Knapp die Hälfte aller abgegebenen Stimmen konnten die ungarische Regierungspartei und ihre Partner auf sich vereinigen. Ministerpräsident Viktor Orban sah gar eine historische Dimension im Ergebnis der Kommunalwahlen: „Dieser Sieg schließt den 1990 mit dem Fall des Kommunismus eingeleiteten Systemwechsel ab“, sagte Orban in Budapest. Ein Systemwechsel, der offenbar einem längst überwunden geglaubten Nationalismus Tür und Tor öffnet.

Erst kürzlich zeigte Orban mit der Verleihung der ungarischen Staatsbürgerschaft an ethnische Ungarn in den Nachbarländern ein markant nationalistisches Profil. Kritiker werfen seiner Partei auch vor, durch neue Medien- und Wahlgesetze die demokratischen Grundrechte im Lande einschränken zu wollen. Im Fahrwasser der Rechtskonservativen konnte sich zudem die Partei „Die Besseren“ (Jobbik) erneut mit fünf Prozent der Stimmen profilieren. Jobbik ist der politische Arm einer paramilitärischen Gruppierung, hetzt gegen das „jüdische Kapital“ und träumt von einem neuen „Großungarn“. Sie ging erneut mit Roma-feindlichen Parolen auf Stimmenfang. Zum Teil mit Erfolg. In zwei Bezirken blieb sie zweitstärkste Kraft vor den Sozialisten der MSZP. Die konnten zwar insgesamt den zweiten Platz erringen, es gingen aber 2/3 der ihr 2006 verbliebenen Bürgermeister verloren, nur noch 8,62 Prozent wählten die Partei.

Ein stärkere sozialistische Partei wird dagegen auch in den kommenden Jahren kaum zu erwarten sein. Mehrere Politiker der MSZP kündigten an, die Vereinigung verlassen zu wollen. Ein Umbau ist auch dringen nötig, sehen doch Beobachter die Gründe für den Niedergang vor allem in der Förderung von Wirtschafts- und Kapitalinteressen, die nicht unbedingt dem Land, sondern oftmals Parteikadern nutzen.