Alle Proteste in Frankreich haben nicht verhindert, dass die Anhebung des Rentenalters im Oktober beschlossen wurde. Seitdem flauen die Proteste ab. Die Generalstreiks in Griechenland, Rumänien, Portugal und Spanien, die sich gegen die Sparhaushalte gerichtet haben, sind ebenso wirkungslos verklungen. Nun hat die britische Regierung Ende Oktober angekündigt, bis 2015 im Staatshaushalt 83 Mrd. Pfund (95 Mrd. Euro) einsparen zu wollen.

Das Defizit belief sich im vergangenen Haushaltsjahr auf 154,7 Mrd. Pfund, das entspricht 10,1%. Um es bis 2015 auf 1,1% zu reduzieren, werden in den nächsten vier Jahren fast eine halbe Million Stellen im öffentlichen Dienst gestrichen. Die Etats der einzelnen Ressorts werden um durchschnittlich 19 Prozent gekürzt. Am schwersten betroffen ist das Umwelt- und Landwirtschaftsministerium, das 33 % bis 2015 einsparen muss. Die Ressorts Handel, Äußeres, Kultur, Inneres, Justiz und Verkehr müssen ihre Ausgaben zwischen 21 und 25 % drosseln. Die Militärausgaben sollen in den kommenden vier Jahren um acht Prozent sinken. Das Rentenalter soll auf 66 Jahre heraufgesetzt werden. Die Studiengebühren sollen verdoppelt, teilweise verdreifacht werden. Dagegen haben in dieser Woche 50.000 britische Studierende demonstriert. Es war die größte Demonstration gegen die seit Mai im Amt befindliche Regierung, die Zentrale der Konservativen Partei wurde gestürmt. Einigen Demonstranten gelang es, auf das Dach vorzudringen, wo sie Transparente entrollten. Die Polizei ging mit Schlagstöcken gegen die Studenten vor und verbarrikadierte das Gebäude. Der Protest ist von Frankreich nach England gewandert.

Es ist zu befürchten, dass auch der Protest gegen den britischen Sparhaushalt erfolglos bleibt. Die Kosten der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise werden auf nationale Sparhaushalte aufgeteilt und denen in Rechnung gestellt, die sich nicht „globalisieren“ können. Der einzelne nationalstaatliche Protest steht gegen den politischen Willen des europäischen Rats der Staats- und Regierungschefs. Im Dezember will der Rat dauerhafte Konsequenzen aus der Krise von 2008 beschließen, denn der Rettungsschirm läuft 2013 aus. Die Konsequenzen werden in üblicher Manier ausfallen. Die Staaten sollen für das Versagen der Banken und Spekulanten bezahlen. Das bedeutet permanente Sparhaushalte und permanente Sozialkürzungen, der Reichtum wird europäisch organisiert Oben gehalten, und die Armut wird nationalstaatlich nach Unten gedrückt. Wenn der Widerstand gegen die neoliberale Abwälzungspolitik erfolgreich sein will, muss er lernen, dass wir politische Veränderungen in Europa und einen koordinierten außerparlamentarischen und parlamentarischen Kampf brauchen und nicht nur nationalstaatlichen Protest gegen unsoziale Sparpakete.