Die Rating-Agentur Moody’s hat, wie in der vorhergehenden Sitzungswoche bereits vorhergesehen, der zweitgrößten Volkswirtschaft der Euro-Zone die Bonitäts-Bestnote entzogen. Nun haben nur noch die Niederlande, Finnland, Luxemburg und Deutschland die Höchstbewertung. Mit der Abstufung wurde vor allem der Spaltkeil in den deutsch-französischen Beziehungen ein Stück tiefer eingeschlagen. Die Renditen von zehnjährigen Staatsanleihen stiegen für Frankreich leicht an, der Euro hingegen fiel. Dieser Prozess fällt im Moment nicht stärker aus, weil die Staatsanleihen, verglichen mit denen aus Italien oder Spanien, als sicherer gelten. Gleichzeitig werfen sie einen höheren Gewinn ab als diejenigen aus Deutschland, die einen Negativzins haben. Das sind zwei wichtige Argumente, warum die Zinsentwicklung bislang nicht so scharf ausfällt, wie dies befürchtet wird. Aber dem liegt eine politische Erwartung der Anleger an „Reformen“ und an „mehr Haushaltsdisziplin“ zu Grunde. Bleiben sie aus, wird sich die Lage verändern. Moody´s hat bereits weitere Abstufungen für den Fall angekündigt, dass sich der Wirtschaftsausblick verschlechtern sollte oder der Reformkurs stockt.
Frankreich – der neue kranke Mann in Europa?
Diese Erwartung wird durch Eskalation der politischen Lage untersetzt. Nun wird zunächst das Lied von der Faulheit der Arbeitnehmer, das letztes Jahr noch in Griechenland, Spanien und Italien gesungen wurde, intoniert. In keinem hoch entwickelten Land der westlichen Welt würden die Arbeitnehmer so wenige Arbeitsstunden pro Jahr leisten wie in Frankreich. Die Staatsquote sei mit fast 57 Prozent eine der höchsten in der OECD, die Steuerbelastungen für Unternehmen und natürliche Personen nähmen überdies Spitzenplätze ein. Frankreichs Verschuldung ist bis zur Jahresmitte auf 91 Prozent der Wirtschaftsleistung gestiegen und damit über die Marke von 90 Prozent, die Mitglieder der Regierung als bedrohlich für die Wettbewerbsfähigkeit des Landes bezeichnet haben. Die Haushaltslage verschärft sich weiter, der politische Druck auf den neuen französischen Präsidenten Hollande wird erhöht, er wird aufgefordert, die Ankündigungen der letzten Woche umzusetzen und zügig Maßnahmen zu ergreifen. Die Wettbewerbsfähigkeit der französischen Wirtschaft soll gesteigert werden und das öffentliche Defizit reduziert. Die bisher angekündigten Maßnahmen werden als nicht weitgehend genug gewertet.
Kein Geld für Griechenland wegen Haushaltsdebatte
Frankreich wird als der kranke Mann in Europa dargestellt, der Arbeitsmarkt als verkrustet, dies kennen wir aus den Jahren vor der Verkündung der Agenda-2010. Weil die Erwartungen der Finanzmärkte und die politische Position des französischen Präsidenten noch weit auseinanderliegen, dürfte diese Kraftprobe weiter anhalten. Die zweite Kraftprobe im Zusammenhang mit der Euro-Krise hält in Griechenland an. Am Mittwoch konnten sich die Finanzminister der Euro-Gruppe nicht auf die Auszahlung einer weiteren Tranche einigen. Griechenland hat übereinstimmend alle Auflagen der sogenannten Troika erfüllt, insofern sind die Bedingungen auf dieser Seite erfüllt. Durch das Zugeständnis von zwei weiteren Jahren für Griechenland entsteht ein zusätzlicher Finanzbedarf von 32,6 Mrd. Euro. Die Eurogruppe will aber nur den bis 2014 entstehenden Betrag von 13,5 Mrd. Euro mobilisieren. Damit soll verhindert werden, dass die öffentlichen Gläubiger Athens schon jetzt auf Forderungen verzichten müssen. Dies wäre insbesondere für die Bundesregierung ein Problem in den aktuellen Haushaltsberatungen, er würde augenblicklich Makulatur.
Beichtstuhlgespräche für den Finanzrahmen
Die Gespräche zu Griechenland sollen nun erst am Montag fortgesetzt werden, nicht zuletzt, weil am Wochenende die Beratungen der Staats- und Regierungschefs über den Mehrjährigen Finanzrahmen der EU (MFR) von 2014 bis 2020 anstehen. Hier findet die dritte europäische Kraftprobe statt, in der es darum geht, in Zeiten schwindender öffentlicher Kassen den Laden zusammenzuhalten. Der Finanzrahmen soll um 100 Milliarden Euro gekürzt werden, aber niemand von den Mitgliedsstaaten will auf seine Privilegien verzichten. Mehrere Regierungen haben schon mit Veto gedroht und der nächste Schritt sind die so genannten „Beichtstuhlgespräche“, in denen die einzelnen Ratsmitglieder ins Gebet genommen werden. Ratspräsident Van Rompuy und Kommissionspräsident Barroso haben die Staats- und Regierungschefs vom Donnerstagvormittag an dazu eingeladen. Auch ein zusätzlicher Verhandlungstag ist schon eingeplant. Wenn die Verhandlungen zum MFR scheitern, wird die Langzeitperspektive der Finanzplanung der EU auf eine Kurzzeitperspektive von jährlichen Etatverhandlungen zwischen den Mitgliedsstaaten der EU umgestellt. Das wird die Lage in der EU, der Euro-Zone und der deutsch-französischen Beziehungen nicht beruhigen.
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