Kroatien steckt seit 2008 in einer Wirtschaftskrise, der versprochene Boom durch den Mitgliedschaft in der EU ist bisher ausgeblieben. Die erste Wahl nach dem Beitritt am 8. November war auch ein Test über die aktuelle Stimmung gegenüber der EU. Neben der schlechten Wirtschaftslage war auch das Flüchtlingsthema Gegenstand im Wahlkampf, obwohl Kroatien nur ein Transitland für Flüchtlinge ist, die ins Zentrum der EU und weiter in den Norden streben. Übereinstimmenden Schätzungen zur Folge sind seit Mitte September mehr als 330.000 Leute durch Kroatien in das Zentrum der EU gezogen. Insbesondere die HDZ hat die politische Stimmung mit ihrer ablehnenden Haltung thematisch aufgeheizt. Auch der Grenzkonflikt mit Serbien wurde nationalistisch aufgeladen. Andererseits sind in Kroatien die Erinnerungen an die Balkankriege (1990-1995) noch frisch und es gibt auch viel Verständnis für die Situation.

Die Hrvatska demokratska zajednica (HDZ) – Kroatische Demokratische Union hat, seitdem sie in der Opposition ist, einen zunehmend rechten Kurs eingeschlagen und orientiert sich wieder stärker an der nationalistischen und zum autoritären neigenden Gründungsfigur Franjo Tudjman aus der Zeit des jugoslawischen Zerfalls. Bereits im Januar hat sich mit der Wahl der HDZ-Kandidatin Kolinda Grabar Kitarović zur ersten Präsidentin ein politischer Wechsel angekündigt, der nun wie in Polen nach der Parlamentswahl vom 25. Oktober auch eingetreten ist. Nebenbei bemerkt, sitzen nun mindestens vier Minister, Macierewicz, Ziobro, Kamiński und Waszczykowski im polnischen Kabinett, die schon in der ersten PiS-Regierung 2005 bis 2007 das reaktionäre und EU-feindliche Projekt IV. Republik massiv vorangetrieben haben.

Unter Leitung des ehemaligen kroatischen Geheimdienstchefs Tomislav Karamarko ist die HDZ nun auch in der Parlamentswahl mit 59 Mandaten stärkste Kraft geworden (2011: 45). Zweitstärkste Partei wurde die Socijaldemokratska partija Hrvatske (SDP) – Kroatische Sozialdemokratische Partei – unter Führung von Ministerpräsident Zoran Milanovic mit 56 Mandaten (2011: 60). Drittstärkste Partei wurde die erstmals angetretene MOST (Brücke), sie bekam 19 Mandate. Deren Spitzenkandidat Drago Prgomet war früher Mitglied der HDZ, wurde jedoch durch Parteichef Tomislav Karamarko aus der Partei herausgedrängt.

Kroatien hat ein Ein-Kammer System. Im Sabor, dem Nationalparlament, sind insgesamt 151 Abgeordnete, darunter acht für nationale Minderheiten und drei für die kroatische Diaspora vertreten. Die Minderheitensitze teilen sich wie folgend auf: Drei für Serben, Einer für Italiener, Einer für Ungarn, Einer für Tschechen und Slowaken, Einer für Slowenen, Bosniaken, Montenegriner, Mazedonier und Albaner und Einer für sonstige Minderheiten. Die kroatische Diaspora lebt vor allem in Kanada, Australien und in westeuropäischen Staaten. Die großen Parteien halten 140 von 151 Mandaten, eine einfache Mehrheit liegt bei 76 Stimmen.

HDZ und MOST hätten zusammen 78 Mandate, SDP und MOST zusammen 75, sie müssten für eine Mehrheit zusätzlich Minderheitenvertreter einbinden. So kommt der neuen Partei MOST eine Schlüsselrolle bei der neuen Regierungsbildung zu. Sie hat jedoch im Wahlkampf eine Koalition abgelehnt, wollte allenfalls eine Minderheitenregierung unterstützen, die die aus ihrer Sicht notwendigen Wirtschafts- und Justizreformen umsetzt. Die Realität der Ergebnisse hat aber hier einen schnellen Sinneswandel eingeleitet. Inzwischen wird der Most-Politiker Drago Prgomet auf Grund der schwierigen politischen Mehrheitsverhältnisse gerüchteweise als neuer Premier in einer Mitte-links-Koalition gehandelt. Damit säße dann zumindest doch ein ehemaliger HDZ-Mitglied in der Regierung. Kroatien hat 4,4 Millionen Einwohner, die Wahlbeteiligung lag bei ca. 60%.